Den Unterschied zwischen Motivation und Volition habe ich Ihnen schon erklärt. In der motivationalen Phase geht es darum, ein Ziel zu setzen, in der volitionalen Phase steht die Realisierung und Umsetzung des Ziels im Mittelpunkt. Trotzdem ergreife ich nicht jede Gelegenheit, die sich mir bietet, um mein Ziel zu erreichen, z.B. weil ich abgelenkt bin und mich andere Dinge belasten. Vielleicht halten mich auch alternative Möglichkeiten davon ab, mein Ziel zu erreichen, z.B. wenn ich Dinge tue, die mein Ziel gefährden.
Haben Sie auf Ihrer Ziel-Liste ein Ziel, dass Sie schon lange haben, aber an dem Sie bis jetzt immer gescheitert sind?
Erinnern Sie sich an Situationen, in denen Sie etwas für Ihr Ziel hätten tun können.
Motivation allein genügt also nicht, um ein Ziel zu erreichen. Deshalb geht es jetzt um die Frage: Welche Strategien können Sie dabei unterstützen, ein einmal gefasstes Ziel auch zu erreichen? Denken Sie an das Rubikon-Modell: Sie haben den Rubikon überschritten, und gehen jetzt an die konkrete Planung. Jetzt geht es darum, alles, was das gefasste Ziel beinträchtigen könnte, aus dem Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken. Hier geht es darum, sich selbst und das eigene Verhalten zu steuern. Das Verhalten muss bewusst so gestaltet werden, dass es dem Ziel zuträglich ist. Dazu haben Sie weiter oben bereits einige Strategien kennengelernt z.B. Aufmerksamkeit steuern, oder positive Emotionen nutzen. Ob diese Selbststeuerung des eigenen Verhaltens in Bezug auf Ihr Ziel funktioniert, haben Sie gerade überprüft. Wahrscheinlich werden Sie dabei Situationen identifiziert haben, in denen die Steuerung des eigenen Verhaltens nicht mehr problemlos funktionierte.
Wenn-Dann Pläne können Ihnen dabei helfen, die Selbststeuerung auch in kritischen Situationen zu behalten. Wenn-Dann Pläne machen sich die Grundstruktur menschlichen Verhaltens zu Nutze. Ein bestimmter Auslöser führt zu einem bestimmten Verhalten. Denken Sie kurz darüber nach, wie es ist, wenn Sie nach dem Aufstehen ins Bad gehen und die Zähne putzen. Die meisten Menschen haben hier eine feste Routine, und überlegen nicht jeden Morgen neu, ob, wie und wann sie nach dem Aufstehen ins Bad gehen. Hier wird eine bestimmte Situation („Wenn ich aufgestanden bin und ins Bad gehe …“) mit einer bestimmten Handlung verknüpft („dann putze ich als Erstes meine Zähne.“). Es handelt sich hier also um Gewohnheiten, Routinen, automatisierte Handlungsabläufe. Ohne diese Routinen wäre ich vermutlich mit meinem Leben überfordert.
Diese Grundstruktur können Sie sich im Bezug auf Ihr Ziel zu Nutze machen. Dazu finden Sie im ersten Schritt heraus, welche kritischen Situationen Sie davon abhalten könnten, Ihr Ziel zu erreichen, oder die eine bestimmte Handlung anregen, die Ihrem Ziel entgegen steht. Das ist der Wenn-Teil Ihres Planes. Überlegen Sie dann im nächsten Schritt, welche gewünschte Handlung im Bezug auf Ihr Ziel in dieser Situation sinnvoll wäre. Das ist der Dann-Teil Ihres Planes. Sie verknüpfen in Ihrem Wenn-Dann Plan also eine konkrete Situation und den in dieser Situation auftretenden auslösenden Reiz, mit einem bestimmten Verhalten. Es kann dabei innere Reize geben („Wenn ich Ärger in mir hochsteigen spüre …“) oder äußere Reize („Wenn mein Kollege mich kritisiert …“), die mit einem Dann-Teil verknüpft werden kann („… dann atme ich dreimal tief durch und reagiere souverän.“).
Durch das genaue Planen der Wenn-Dann Struktur, werden spezifische Situationen aktiviert, die im „Wenn“-Teil des Planes stecken. Dadurch sind mir diese Situationen mental besser zugänglich, ich werde sie schneller und genauer wahrnehmen. Wahrnehmung und Aufmerksamkeit werden damit also geschult. Selbst wenn mich andere Dinge ablenken, bemerke ich also mit höherer Wahrscheinlichkeit, dass genau diese Situation relevant für mein Ziel ist, und ich deshalb genau jetzt reagieren muss, um mein Ziel zu erreichen.
Gleichzeitig wird durch die Planung in der Wenn-Dann Struktur ein Verhalten, das zum Ziel führt, mental trainiert und dadurch automatisiert. Ich muss nicht mehr ständig bewusst die Kontrolle über mein Handeln übernehmen. Die spezifische Situation, die im „Wenn“-Teil des Planes steckt, übernimmt gewissermaßen die Kontrolle und setzt die vorher geplanten Handlungsintentionen in Gang. Wenn-Dann Pläne unterstützen Sie dabei, die gesetzten Ziele und das dafür notwendige Verhalten mit spezifischen Situationen zu verknüpfen. Die Strategie wird aber nur funktionieren, wenn Sie sich mit Ihrem Ziel bereits in der Planungs-Phase befinden. Erst wenn das Ziel klar ist, macht es Sinn, an die Umsetzung zu gehen und spezifische Wenn-Dann Pläne zu schmieden.
Wenn-Dann Pläne funktionieren am besten, wenn Sie den Dann-Teil genau spezifizieren. Die Situation sollte in Ihrer Vorstellung möglichst detailliert sein. Ideal ist es, wenn es sich dabei um eine „typische“ Situation handelt, die im Bezug auf Ihr Ziel wichtig ist. Wenn Ihr Ziel lautet: „Ich möchte auf Angriffe meiner Kollegen entspannt und souverän reagieren!“, dann könnte eine Wenn-Situation die Folgende sein:
Einer meiner Kollegen kommt in mein Büro und knallt mir ein Dokument auf den Tisch. Dabei sagt er ironisch „Na, das haben Sie ja mal wieder ganz toll hinbekommen“. Dabei spüre ich, wie Ärger in mir hochsteigt.
Diese Situation können Sie sich klar und genau vorstellen. Wahrscheinlich ist es hilfreich, sich nicht auf einen bestimmten Kollegen zu konzentrieren, wenn das Ziel entspannt und souverän zu reagieren sich auch auf andere Kollegen bezieht. Es stecken zwei Reize in der Situation. Der äußere Reiz „ironischer Kollege“ und der innere Reiz „Ärger steigt hoch“. Diese beiden Reize sind der Wenn – Teil des Planes.
Im nächsten Schritt wird der Dann-Teil formuliert. Hier ist wichtig, dass es sich um ein Verhalten handelt, dass Sie auch tatsächlich selbst in der Hand haben, und deshalb aktiv handeln können. In diesem Beispiel könnte der Dann-Teil des Planes sein: „… dann stehe ich auf, hole einmal tief Luft und lächle in mich hinein“. Wie spezifisch Sie den Dann-Teil Ihres Planes formulieren, hängt vom konkreten Ziel ab. In diesem Fall ist der Dann-Teil des Planes zunächst auf den Aspekt „Ich reagiere entspannt.“ des Ziels bezogen. Sie könnten auch einen konkreten Dann-Teil formulieren, z.B. „… dann atme ich tief durch und sage: Ich habe gerade keine Zeit, komme aber nachher bei Ihnen vorbei.“