Kommunikation ist dann gut, wenn sich die beteiligten Kommunikationspartner verstehen. Die Nachricht, die ein Sender mitteilen möchte, soll vom Empfänger verstanden werden – idealerweise so, wie der Sender die Nachricht auch gemeint hat und verstanden haben möchte. Dass das nicht immer so ist, werden Sie selbst schon oft erlebt haben. Dann reden die Kommunikationspartner aneinander vorbei, es gelingt nicht, sich gegenseitig zu verstehen. Der Psychologe und Linguist Herbert H. Clark verwendet den Begriff Common Ground, um zu beschreiben, welche Voraussetzung für gute Kommunikation gegeben sein muss. Common Ground meint gemeinsames Wissen, gemeinsame Überzeugungen und Annahmen der beteiligten Gesprächspartner. Damit wird die Basis für ein erfolgreiches Gespräch geschaffen.
Common Ground sind die Annahmen der Gesprächspartner über das gemeinsame Wissen. Er wird während eines Gespräch ständig überprüft und hergestellt. Dazu muss sowohl der Inhalt der Kommunikation (das, worüber geredet wird) als auch der Prozess der Kommunikation (wie, wo und wann ein Gespräch stattfindet) koordiniert werden. Dieser Prozess ist in der Regel unbewusst. Er findet ständig statt, ohne dass die Gesprächspartner bewusst darauf achten müssen.
Clark nennt diesen Prozess Grounding. Die Kommunikationspartner stellen gemeinsam sicher, dass ein Common Ground für die Kommunikation besteht. Grounding ist also ein kooperativer Prozess: Beide Kommunikationspartner sind gemeinsam darum bemüht, so zu kommunizieren, dass ein gegenseitiges Verstehen möglich ist.
Um den bestehenden Common Ground zu überprüfen, achtet jeder genau auf die Reaktionen des Kommunikationspartners. Daraus lässt sich ableiten, ob gegenseitiges Verständnis besteht. Es gibt Möglichkeiten und Strategien, um gegenseitiges Verstehen sicherzustellen. Diese wenden Menschen in der Regel automatisch an, ohne bewusst darauf zu achten oder diese Strategien gezielt einzusetzen.
Grounding ist ein Prozess, der im Alltag ständig und unbewusst abläuft.
Ein Ziel von Kommunikation ist es also, Informationen zu vermitteln. Dafür ist es zentral, sicherzustellen, dass die Gesprächspartner das Gesagte verstehen. Einige Strategien und Möglichkeiten haben Sie oben schon kennengelernt. Oft handelt es sich um offensichtliche und deutliche Rückmeldungen, die in Gesprächen auch explizit erfragt werden. Auch Ausdrücke wie „Ja“, „Mmmm“ oder „Ah, ok“ gehören zu dieser Form der expliziten Rückmeldung. Die unterschiedlichen Möglichkeiten zur Rückmeldung (verbal oder nonverbal) werden auch Backchanneling genannt: Der Zuhörer gibt der Sprecherin zu verstehen, dass er sie verstanden hat. Dabei wechseln die Rollen nicht, der Zuhörer bleibt in seiner Rolle als Zuhörender.
Ein weiterer Hinweis auf erfolgreiches Grounding ist, ob der Gesprächspartner mit einer relevanten und passenden Antwort reagiert, einer Bitte nachkommt oder auf eine Aufforderung reagiert. Ist die Antwort oder Reaktion auf eine Frage oder Aussage angemessen, weist das darauf hin, dass Sprecherin und Zuhörer sich verstehen. Ist die Reaktion unangemessen, wird klar, dass unterschiedliche Annahmen über den Common Ground bestehen. Die Sprecherin wird also nachfragen, erklären oder korrigieren.
Und schließlich ist die ununterbrochene Aufmerksamkeit, die der Zuhörer der Sprecherin entgegenbringt, ein Hinweis auf erfolgreiches Grounding. Wenn sich der Zuhörer abwendet, den Blickkontakt abbricht oder etwas anderes tut, kann kein Grounding stattfinden. Diesbezüglich sind Menschen in der Regel sehr sensibel und versuchen die Aufmerksamkeit der Gesprächspartner wieder herzustellen, bevor sie weiterreden.
Diese drei Strategien wenden Menschen mehr oder weniger automatisch in jedem Gespräch, in jeder Kommunikation an. Zusätzlich beschreibt Herbert Clark drei Daumenregeln (Heuristiken). Diese Daumenregeln helfen abzuschätzen, welche Informationen Common Ground sind. Sie beeinflussen, wie ein Gespräch gestaltet wird und sie erleichtern Grounding.
Gleichzeitig sind diese Daumenregeln aber auch eine Quelle von Missverständnissen. Wenn die Gesprächspartner auf Basis dieser Daumenregeln fälschlicherweise annehmen, dass gemeinsame Annahmen über den Common Ground bestehen, kommt es zu Missverständnissen.
Überlegen Sie: Wo in ihrem Alltag haben die Daumenregeln für Common Ground Sie in die Irre geführt?
Das Konzept des Common Ground kann dabei helfen, menschliche Kommunikation besser zu verstehen. Dabei geht es zunächst nur um den eigentlichen Inhalt einer Nachricht und um die Information, die vermittelt werden soll. Dahinter steht die Annahme, dass Kommunikation der Austausch von Nachrichten, von Informationen ist. Dafür müssen die Gesprächspartner ständig Grounding betreiben, also sicherstellen, dass sie sich gegenseitig verstehen. In den nächsten Kapiteln werden Sie weitere Modelle kennenlernen und neben der hier beschriebenen Informationsebene auch die Beziehungsebene betrachten, die eine wichtige Rolle für menschliche Kommunikation spielt.
Sie haben jetzt das Modell des Common Ground kennengelernt, und Strategien, wie Grounding betrieben wird. Damit haben Sie ein Werkzeug in der Hand, dass Ihnen hilft, Kommunikation besser zu verstehen.