Der Begriff „Rolle“ stammt aus dem Theater. Schauspielerinnen und Schauspieler spielen eine Rolle. Sie stellen eine Figur dar, indem sie deren Verhalten übernehmen und gestalten. In der Sozialpsychologie wird der Begriff Rolle oder soziale Rolle verwendet, um eine bestimmte Position, einen bestimmten Status oder ein Verhaltensmodell zu beschreiben. Rollen sind also vom sozialen Umfeld, bzw. von der Gesellschaft als Ganzes abhängig. Mit einer Rolle sind bestimmte Erwartungen an Verhalten, Handlungen und Werte verbunden.
Aus diesen Rollenerwartungen ergeben sich Spielräume, in denen sich die Person, die eine Rolle innehat, bewegen kann. Rollen bewegen sich also immer im Spannungsverhältnis zwischen gesellschaftlichen Erwartungen an die Rolle und dem individuellen Gestalten der Rolle. Gesellschaftliche Erwartungen an die Rolle müssen von der Person, die sich in der Rolle befindet, erlernt, verinnerlicht und ausgefüllt werden. Gleichzeitig möchte die Person, die die Rolle innehat, einen eigenen Weg finden, die eigene Rolle zu gestalten.
Rollen sind dabei immer abhängig vom Kontext, vom Umfeld. Menschen haben also immer mehrere Rollen, die sich dabei auch widersprechen können. So kann eine Frau z.B. einerseits die Rolle liebevolle Mutter und andererseits die Rolle erfolgsorientierte Vorgesetzte haben, oder z.B. ein Mann einerseits die Rolle sensibler Ehemann anderseits die Rolle cooler Fussballer haben. Und: Rollen und die Art und Weise, wie Sie Ihre Rollen ausfüllen, ändern sich über die Zeit. Sie entwickeln sich und Ihr Verständnis der eigenen Rollen weiter, oder passen Ihre Rollen an veränderte Bedingungen in der Umwelt an.
Was haben Rollen mit Beliefs zu tun? Ihre Rollen, die damit verbundenen gesellschaftlichen Anforderungen an die Rolle und Ihre eigenen Vorstellungen, wie Sie die Rolle ausfüllen möchten, beeinflussen die eigenen Beliefs. Das wird insbesondere dann deutlich, wenn sich für Sie eine neue Rolle ergibt. So wird z.B. eine Mitarbeiterin, die zur Abteilungsleiterin befördert wird, sich neu mit den Erwartungen auseinander setzen müssen, die an eine Führungskraft gestellt werden. Dann könnte der Belief „In stressigen Situationen fällt mir nichts mehr ein.“ eine größere Bedeutung bekommen, als das bisher der Fall war. Ein Belief, den Sie haben, ist nicht immer und überall gleich wirksam. Es hängt von der aktuellen Rolle und dem aktuellen Kontext ab, welche Bedeutung ein Belief für Sie hat. Gleichzeitig sind Beliefs aber relativ stabil. Deshalb können Beliefs für eine Rolle hilfreich und unterstützend sein, für eine andere Rolle einschränkend und belastend. Für die Rolle Fussballer kann der Belief „Ein Indianer kennt keinen Schmerz!“ vielleicht dabei unterstützen, leistungsfähig und erfolgreich zu sein. Für eine andere Rolle kann dieser Belief dazu führen, dass jemand nur unzureichend auf die eigene Gesundheit achtet. Beliefs haben für unterschiedliche Rollen also unterschiedliche Auswirkungen. Es geht nicht um die Frage, ob ein Belief gut oder schlecht, richtig oder falsch ist. Wichtig ist, ob Sie ein Belief dabei unterstützt, ein bestimmtes Ziel zu erreichen oder eine Rolle so zu leben, wie Sie das möchten – oder Sie behindert.
Die eigenen Beliefs werden auch davon beeinflusst, welche Rollenvorbilder Sie haben und welche Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhaltensweisen Sie diesen Vorbildern zuschreiben. Vorbilder können Eltern, Großeltern, Geschwister, LehrerInnen oder andere wichtige Personen in Ihrem Leben sein. Auch Vorbilder, die Sie aus Filmen, Büchern oder Erzählungen kennen, haben großen Einfluss darauf, wie Sie eigene Rollen leben und welche Beliefs wirksam werden.
Rollen hängen eng mit den eigenen Werten zusammen. Zum einen geben bestimmte Rollenbilder vor, welche Werte wichtig sind. So ist z.B. mit der Rolle Vater oder Mutter der Wert Fürsorge oder Familie verbunden, mit der Rolle Führungskraft eher der Wert Erfolg oder Macht. Zum anderen entscheiden die eigenen Werte darüber, in welcher Form Sie bestimmte Rollen ausfüllen und gestalten. Wenn für Sie der Wert Fürsorge wichtig ist, werden Sie die Rolle Führungskraft anders gestalten, als wenn der Wert Erfolg für Sie an oberster Stelle steht.