Beliefs, stärkende und schwächende, basieren in der Regel auf eigenen Erfahrungen, oder Rückmeldungen durch Eltern und andere Bezugspersonen. Beliefs können auch als generalisierte Attributionen beschrieben werden. Erinnern Sie sich an das Beispiel mit der schlechten Mathearbeit, das ich Ihnen oben vorgestellt habe? Peter attribuiert intern und stabil, denn ist er überzeugt: Ich bin schlecht in Mathe, und werde das auch immer bleiben. Im nächsten Schritt könnte daraus die Überzeugung werden: „Ich bin generell schlecht in der Schule.“, vielleicht auch „Ich bin nicht so intelligent wie andere Menschen.“ oder „Unter Stress kann ich keine Leistung bringen“. Die Attribution von einzelnen Erfolgs- oder Misserfolgserfahrungen wird also auf andere Situationen übertragen, und wird so zu einer scheinbar nicht mehr zu verändernden Wahrheit.
Dadurch ändert sich Ihre Wahrnehmung: Wenn Sie von etwas überzeugt sind, werden Sie eher auf Dinge achten, die diese Überzeugung belegen, als solche, die dagegen sprechen. Peter wird also viele Belege dafür finden, dass er generell schlecht in der Schule ist und wahrscheinlich auch weniger intelligent als andere Menschen. Dadurch ändert sich gleichzeitig auch sein eigenes Verhalten. Allein die Erwartung, dass er beim nächsten Mal in einer Stresssituation wieder versagen wird, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass er unbewusst alles tut, damit das auch eintritt. Außerdem beeinflusst er damit indirekt auch das Verhalten anderer: Er wirkt vielleicht unsicher oder schlecht vorbereitet und provoziert damit kritischere Fragen.
Diese Idee wird selbsterfüllende Prophezeiung genannt: Eine Person verhält sich so, dass ein bestimmtes vorhergesehenes Ereignis eintritt. Das bezieht sich insbesondere auf das Verhalten anderer Menschen. Durch das eigene Verhalten lösen Sie also bestimmte Verhaltensweisen und erwartete Reaktionen bei anderen aus. Menschen neigen dazu, die eigene Rolle zu unterschätzen. Sie übersehen die Wirkung, die das eigene Verhalten auf Andere hat und auf die gesamte Situation.
Übrigens: Die selbsterfüllende Prophezeiung funktioniert auch umgekehrt, sie wird dann selbstzerstörende Prophezeiung genannt. Dabei verhalte ich mich so, dass die Erwartung gerade nicht in Erfüllung geht.
Ein klassisches Experiment wurde 1966 von den Psychologen Robert Rosenthal und Leonore Jacobson durchführt. Sie haben Lehrkräften von öffentlichen Grundschulen die Information gegeben, dass wissenschaftliche Tests ergeben hätten, welche 20 % der SchülerInnen Ihrer Klasse sich in nächsten Zeit intellektuell erheblich weiterentwickeln würden. Obwohl die 20 % willkürlich ausgewählt wurden und der vermeintliche Unterschied zwischen normalen und besonders begabten Kindern nur den Lehrerkräften bekannt war, war das Ergebnis nach einem Jahr verblüffend: Die 20 % der Kinder, von denen die Lehrkräfte ausgingen, dass sie ihre Leistung verbessern würden, schnitten bei einem Intelligenztest erheblich besser ab. Die Erwartung der Lehrkräfte, welche Kinder ihre Leistung verbessern würden, führt also zu einer tatsächliche Leistungssteigerung, die sich sogar mit einem Intelligenztest messen ließ. Dieser sogenannte Rosenthal-Effekt wurde in vielen weiteren Studien belegt. Tatsächlich reduziert sich der Effekt aber, wenn die Lehrkräfte die Schülerinnen und Schüler gut kennen, und sich schon ein eigenes Urteil gebildet haben.